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Wiesbadener Tagblatt vom 2. Mai 2009

Heuschnupfen erobert kein Herz

POETRY-SLAM Marvin Ruppert gewinnt Wettbewerb
Von Daniel Duben

Papiertaschentücher eignen sich nicht zur wiederholten Nutzung. Auch nicht, wenn man sie nach einmaligem Gebrauch auf einer Wäscheleine in seinem Wohnheimzimmer zum Trocknen aufhängt. Das musste die Hauptfigur in Marvin Rupperts Kurzgeschichte schnell feststellen. Dass sein andauernder Heuschnupfen ein unüberwindbares Hindernis beim Versuch der Herzeroberung seiner Traumfrau Ellen darstellt, hat er erst beim Picknick inmitten einer blühenden Wiese an der Lahn gelernt. Bis dahin hatten die knapp 100 Besucher des Poetry-Slams in der Räucherkammer des Schlachthofs aber alle schon lauthals gelacht und sich an der subtil komischen Schreibkunst Marvin Rupperts erfreut. Gemeinsam mit dem Wiesbadener Karsten Lampe setzte sich der Marburger Student gegen acht weitere "Slammer" durch und zog in das Finale des Wilden-Worte-Wettbewerbs ein.

Die beiden besten Poeten des Abends zeigten dann, wie unterschiedlich Texte eines Poetry Slams sein können. Während Lampe mehr Wert auf kunstvoll miteinander harmonierende Worte legte und durch ebenso großartige wie abwechslungsreiche Intonation punkten konnte, setzte Ruppert eher auf den Witz seiner Kurzgeschichte. Zwar war Lampes Geschichte vom Cholerakiwi, einem cholerischen Kollaborateur der Cholera, äußerst originell und durchaus komisch, doch reichte der Witz nicht ganz an den von Rupperts Geschichte mit dem Titel "Ich bin kein gut gelaunter Optimist" heran. In kunstvoller, niemals zu aufdringlicher, aber dennoch brüllend komischer Weise beschreibt Ruppert, wie die nicht depressiven Bundesbürger in einer schwarzen Psychiatriepraxis endlich zu Depressiven gemacht werden. "Während ich den Patienten auf den unbequemsten Stuhl setzte, fläzte ich mich auf die gemütliche Couch, bestärkte meine Gäste hin und wieder in ihren Selbstzweifeln und schlief, als Zeichen meines Desinteresses, manchmal einfach ein", ist eines der besten Rezepte dafür.

Der lauteste Beifall

Es war schwer zu entscheiden, welcher Poet denn nun der bessere "Slammer" sei. Deshalb musste Moderatorin Bettina Lehmann die Zuschauer am Ende auch zwei Mal abstimmen lassen, um festzustellen, welcher Finalist den lautesten Beifall geerntet hat. Letztlich war es Marvin Ruppert, der das Wilde-Worte-T-Shirt als Zeichen seines Sieges überstreifen durfte.

Ob er tatsächlich auch von Heuschnupfen geplagt wird, hat er nicht verraten. Aber wenigstens ließ er durchblicken, dass er Psychologie studiert. Alle Nicht-Depressiven sollten also gewarnt sein.

(Quelle: Wiesbadener Tagblatt vom 2. Mai 2009)

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